Kategorie-Archive: Maurerwort-Kolumne

»Das Schönste und Tiefste, was der Mensch erleben kann, ist das Gefühl des Geheimnisvollen. Es liegt der Religion sowie allem tieferen Streben in Kunst und Wissenschaft zugrunde.«
– Albert Einstein

Liebe Brüder,
beim Besuch des Museums im beeindruckenden Logenhaus der »United Grand Lodge of England«, der ‚Keimzelle der Freimaurerei‘, war ich überrascht: Was da in den Vitrinen für jedermann zu bestaunen ist, erlaubt ungewöhnlich tiefe Einblicke und die öffentliche Führung durchs Gebäude lässt nicht mal den »Großen Tempel« aus. Dort bekommt man dann sogar zu hören, dass der Saal auch vermietet wird: Die Aftershowparty zur Harry Potter-Filmpremiere sei im umgestalteten Tempel gefeiert worden und das Foyer habe sogar eine ‚Rolle‘ in einem Film über Saddam Hussein ‚gespielt‘ – als Teil des Despoten-Palasts. Aha! Hat in London also der Ausverkauf der Freimaurerei längst begonnen? Der Verdacht liegt nahe, speziell, wenn man vorher auch noch am Souvenirshop mit den »Winkelmaß und Zirkel-Unterhosen« vorbeigekommen ist.
»Hat denn noch jemand Fragen?«, will der Bruder abschließend von den im Tempel versammelten Touristen wissen. Zögern. Er blickt in die Runde und kommt dann doch noch mal ins Plaudern: Im letzten Jahr sei eine Dame dabei gewesen, die ihm an dieser Stelle vor der ganzen Runde direkt ins Gesicht gesagt hätte: Ihr könne er nix vormachen. Sie wisse nämlich Bescheid, habe schließlich »den Dan Brown« gelesen. Ob sie denn auch mal »die Tunnel unter dem Tempel« besichtigen könne?
»Auf keinen Fall«, habe er entrüstet entgegnet, würde er sie »dorthin mitnehmen«.
Die Dame habe daraufhin selbstzufrieden gegrinst: »Also doch, die Freimaurer haben etwas zu verbergen!«
»Nein«, habe er entgegnet, der einzige Grund, warum er sie nicht mit in die Tunnel unter dem Haus nähme, sei, dass es gefährlich wäre.
Das wisse sie und zwar »natürlich wegen der Bundeslade da unten«.
Das habe er noch nie gehört, sei seine Antwort gewesen, dass jemand das Kind so offen bei diesem Namen nenne. Er nenne es schlicht (und hier holt er noch einmal tief Luft, um die Spannung zu steigern): »U-Bahn!«
Erleichtertes Lachen im Saal. Es gibt also wohl doch nichts zu verbergen, doch keine Geheimnisse. Sind also doch ganz lustige Kerle, diese Freimaurer. Nix mit Weltverschwörung und so.
»Wirklich keine weiteren Fragen?«, hakt der Bruder sicherheitshalber ein letztes mal nach.
Anscheinend nicht.
»Zum Glück«, lässt er uns beinah beiläufig wissen, denn »zu dem hier« (und damit klopft er im Gehen zweimal auf einen mit mystischen Symbolen verzierten Kubus) hätte er uns nun wirklich nichts sagen können – und ergänzt lapidar, ohne sich dabei noch mal umzudrehen: Nicht etwa, weil er nichts darüber wisse, im Gegenteil! Es sei nunmal – kurze Pause – »leider ein Geheimnis!«
Ein Raunen geht durch die Menge und mir fällt endlich ein Stein vom Herzen:
Thanks Bro – they’re still some secrets left to tell!

Ein aktueller Anlass, drei schnörkellose Fragen, drei ehrliche Antworten – das ist das »Maurerwort-Interview«, das künftig von Zeit zu Zeit meine »Maurerwort-Kolumne« ergänzen soll. Den Anfang macht Prof. Rüdiger Templin, seines Zeichens Repräsentant der »Vereinigten Großlogen von Deutschland«:

Lieber Rüdiger, auf der Facebook-Seite des Freimaurerordens hat ein kritischer Gast angesichts der Weltlage [Erdbeben- und Nuklear-Katastrophe in Japan, ‚arabischer Frühling‘ etc.] gepostet, wir Freimaurer seien zu sehr mit uns selbst beschäftigt – und er hat die Frage gestellt, wo denn bspw. unsere „Unterstützung für die jungen Demokratien in Nordafrika“ bliebe. Treffer?

[!] So ein Vorwurf tut natürlich schon weh. Aber womöglich hat der Fragesteller zu hohe Erwartungen an die Freimaurerei geknüpft. Freimaurerei als solche ist nicht politisch. Höchstens der einzelne Bruder. Und dann nach eigener Überzeugung und in seinem persönlichen Umfeld. Bei der Freimaurerei geht es ja immer nur um die Frage der persönlichen Verantwortung und darum, möglichst ohne großes Tamtam auch mit gutem Beispiel voranzugehen. Wie auch immer das dann aussehen mag.

Dann mal »Butter bei die Fische«: Was macht denn der Großmeister der deutschen Freimaurerei im konkreten Fall, um mit gutem Beispiel voran zu gehen?

[!] Nichts. Der Großmeister der Vereinigten Großlogen von Deutschland darf sich nämlich eigentlich gar keine Position erlauben, da er ja viele unterschiedliche Meinungen vieler unterschiedlicher Brüder repräsentieren muss. Freimaurer-Logen sind nunmal Gemeinschaften von Individualisten. Aber als einer von diesen Individuen, als Rüdiger Templin, habe ich das getan, was aus der Ferne meiner Meinung nach selbstverständlich sein sollte, wenn man was ‚übrig‘ hat: Ich habe gespendet. So was geht ja heutzutage sogar ganz einfach. Z. B. per SMS ans Japan-Aktionsbündnis von Johannitern, AWO usw. [www.aktion-deutschland-hilft.de]. Unterstützenswert ist aus meiner Sicht auch Amnesty International [www.amnesty.de], die sich ja u. a. auch in Nordafrika für Demokratie und Menschenrechte engagieren. Und wer vielleicht kein Geld, aber Zeit übrig hat, kann sich natürlich auch z. B. bei den genannten Organisationen ehrenamtlich einbringen.

Und Deine ganz persönliche Haltung als »Rüdiger Templin« zur Kernkraft?

[!] Ich bin schon seit Jahren kein Kernkraft-Fan mehr und habe auf Ökostrom umgestellt. Erstaunlicherweise kann das ja je nach Anbieter manchmal sogar billiger sein, als bei teureren Anbietern normalen Strom zu beziehen. Allerdings muss man etwas aufpassen: Nicht überall, wo Ökostrom drauf steht, ist auch Ökostrom drin. Wer wechseln will, kann sich aber hervorragend auf der Website der Verbraucherzentrale [www.verbraucherzentrale.de] informieren. Die hat nämlich extra hierfür eine Liste der saubersten Anbieter zusammengestellt. Ich habe mich für einen Ökostrom-Anbieter entschieden, bei dem sogar ein Teilbetrag der jeweiligen Rechnungssumme an die Hospiz-Stiftung geht.

Danke, Rüdiger Templin.