»Jeder Mensch hat etwas, das ihn antreibt!« behauptet ein Werbespot der »Volks- und Raiffeisenbanken«. Aha. Habe ich eigentlich noch nie so wirklich drüber nachgedacht. Wir stehen jeden Morgen auf. Aber wissen wir eigentlich noch wofür? Ist es der Urlaub, auf den wir hinarbeiten, weil wir das Reisen oder die Momente des Nichtstuns lieben? Oder sind es unsere Kinder, die wir großziehen wollen? Ein Mensch, den wir lieben? Im Spot geben ganz verschiedene Menschen ganz verschiedene Antworten: »Ich wollte es eigentlich immer noch ein wenig besser machen, denn so lange besser möglich ist, ist gut nicht genug!«, sagt ein Fußballtrainer. Ein Forscher: »Ich wollte eine Spur hinterlassen, hier auf diesem Planeten«. Ein in Afrika bei der Entwicklungshilfe engagierter Rentner wollte nach seinem Beruf »nochmal ganz was anderes machen«. Und eine eigentlich unterbezahlte Altenpflegerin: »Was mich motiviert, ist das, was man von seinen Patienten zurückbekommt.«
Als ich diese Zeilen hier an einem Sonntagmorgen schreibe, fragt mich meine Frau, worüber ich gerade schreibe. Sie hört mir einen ungeduldigen Moment lang zu und wendet sich dann Richtung Badezimmer ab.
»Interessiert Dich nicht?« frage ich sie.
»Doch, aber mich treibt jetzt an, mich fertig zu machen.«, ist ihre Antwort.
»Also treibt Dich jetzt der Wunsch an, gut auszusehen?«
»Nein, ich will heute noch was schaffen.«
»Was?«
»Ich muss noch ein Bild für die Ausstellung einer Freundin malen.«
»Warum?«
»Weil ich das zugesagt habe.«
»Also treibt Dich Pflichtbewusstsein an?«
Sie überlegt einen kurzen Augenblick.
»Im Moment vielleicht! Aber eigentlich habe ich zugesagt, weil ich Spaß dran habe.«
Kann es sein, dass wir oft vergessen haben, warum wir etwas wirklich machen?
Wenn wir ein wenig graben, etwas tiefer schürfen, als nur an der Oberfläche zu kratzen, werden wir erkennen: Es war meist eine Leidenschaft, die einmal hinter den Dingen gesteckt hat, die wir heute tun.
Jeder Mensch hat etwas, dass ihn antreibt!
Was treibt Dich an?
The Missing Link: Das Weltbruderkettenbindeglied
Liebe Brüder (und solche, die’s vielleicht noch werden wollen),
ich habe kürzlich erstmals mit einem weinenden Auge zu einer Aufnahme gratuliert. Und zwar einem neuen Bruder, der letztlich doch in einer fremden Loge gelandet ist, obwohl er lange Gast meiner eigenen war.
Zum Trost habe ich mich dann an einen Satz meiner Großmutter erinnert. »Wer weiß, wozu es gut ist« hat sie immer dann gesagt, wenn mal was nicht so gelaufen ist, wie geplant. Und plötzlich ist mir aufgefallen, dass meine Loge zur Aufnahmearbeit des ursprünglich ihrigen Langzeitgastes immerhin sechs Brüder geschickt hat. Umgekehrt hatten die Brüder der fremden Loge uns auch schon mehrfach besucht, seit unser Gast ihrer geworden war. Und mir ist ebenfalls bewusst geworden, das bis dahin trotz unmittelbarer Nachbarschaft erstaunlicherweise kein nennenswerter Kontakt bestanden hatte.
In diesem Moment hab‘ ich plötzlich eine Ahnung bekommen, wozu all das letztlich doch »gut« war, so wie’s eigentlich ’schief‘ gelaufen ist:
Es heißt ja immer, Freimaurerei sei eine »Weltbruderkette«. Tatsächlich sind es manchmal WeltbruderketteN – jede Loge eine Welt für sich. Dabei kann schon ein einziges neues Kettenglied ausreichen, um plötzlich zwei Weltbruderketten miteinander zu verbinden.
Korrigiere also: Ich habe kürzlich erstmals mit einem weinenden Auge zu einer Aufnahme gratuliert – einem Bruder, den ich gerne in meiner eigenen Loge gehabt hätte. Und: Mit einem lachenden Auge unserem »Missing Link« – dem neuen Weltbruderkettenbindeglied.
»Maurerwort« = Ein ‚Offenes Wort‘ – die Kolumne erscheint monatlich in der Zirkelkorrespondenz