Ich bin zwar bestimmt auf der H\u00f6he der Zeit, genie\u00dfe sogar viele ihrer Vorz\u00fcge (vom elektrischen Licht, \u00fcbers Internet, bis zum iPhone, iPad und iPod) \u2013 aber ich genie\u00dfe es auch, die Loge als Ort zu haben, an dem ich auch mal bei Kerzenschein mit anderen zusammensitzen, altes Brauchtum und die direkte Kommunikation pflegen und der hektischen Zeit wenigstens f\u00fcr einen kurzen Moment der Ruhe und Besinnung entfliehen kann. Deswegen bezeichne ich mich auch als \u00bbZeitgeistfl\u00fcchtling\u00ab. <\/p>\n

Ich bin der \u00dcberzeugung, dass die Menschen mehr gemein haben, als sie trennt (99,9% aller menschlichen Gene sollen ja \u00fcbereinstimmen und nur 0,1% den Unterschied ausmachen). Im Sinne eines friedlichen Miteinanders ist es m. E. vielversprechender, nach Gemeinsamkeiten zu suchen, anstatt auf Unterschieden herumzureiten. Trotzdem empfinde ich Vielfalt auch als Bereicherung. Weniger als Bedrohung. Deswegen halte ich mich also grunds\u00e4tzlich f\u00fcr \u00bbweltoffen\u00ab.<\/p>\n

Wenn Globalisierung bedeutet, all das zu \u00fcberwinden, was Menschen als trennend empfinden, auch Grenzen (jedenfalls sofern sie die Menschen beider(!) Seiten als hinderlich sehen), zusammen zu bringen, was zusammen geh\u00f6ren will(!), den Reichtum dieser Welt gerechter zu verteilen, dann kann ich mich sehr wohl mit dieser(!) Globalisierung anfreunden \u2013 auch im Wissen, das ich als B\u00fcrger eines wohlhabenden Staates wom\u00f6glich k\u00fcnftig auf ein paar Dinge verzichten m\u00fcsste.
\nUnd jetzt (m)ein gro\u00dfes \u00bbABER\u00ab:
\nWenn Globalisierung bedeutet, dass die gierigsten J\u00e4ger dieser Welt nur ihr Revier vergr\u00f6\u00dfern, um k\u00fcnftig noch mehr Beute machen zu k\u00f6nnen, dann kann ich durchaus verstehen, dass Menschen Grenzen nicht mehr als hinderlich, sondern als sch\u00fctzend empfinden, nicht mehr als Begrenzung ihrer Freiheit, sondern als Bollwerk.
\nIch habe jedenfalls auch langsam den Eindruck, dass die bedrohliche Form der Globalisierung \u00dcberhand nimmt. Ob’s wirklich so ist, vermag ich nicht sicher zu sagen. Aber es f\u00fchlt sich gerade zumindest ein wenig so an. Und je mehr Menschen Angst vor einer ‚Globalisierung des Raubtierkapitalismus‘ haben, desto mehr muss diese Angst ernst genommen werden, die Angst und der Wunsch, in dieser Zeit des Umbruchs lieber Grenzen verteidigen, als niederrei\u00dfen zu wollen. <\/p>\n

Deswegen sehe ich mich also in der Summe als freimaurerischen \u00bbZeitgeistfl\u00fcchtling und weltoffenen Globalisierungsskeptiker\u00ab \u2013 ich glaube zwar, dass wir in einer Zeit nie dagewesener M\u00f6glichkeiten leben, freue mich aber, mich diesen komplexen Zusammenh\u00e4ngen in der Loge auch mal entziehen zu k\u00f6nnen. Ich glaube, dass Globalisierung grunds\u00e4tzlich keine schlechte Idee ist, wenn sie die Welt freier und gerechter macht. Aber vieles von dem, was inzwischen aus dieser Idee gemacht wurde und wird, kann und will ich nicht mehr unterst\u00fctzen. Und ich bin froh und stolz, dass es sogar Menschen gibt, die all die Freiheiten und Rechte, die auch Freimaurer einst hart erk\u00e4mpft haben, nun gegen die Menschen verteidigen, die die Freiheiten und Rechte auf Kosten anderer nur zu ihrem pers\u00f6nlichen Vorteil missbrauchen wollen.<\/p>\n

Ich finde deshalb gerade die Devise \u00bbFreiheit, Gleichheit, Br\u00fcderlichkeit\u00ab auch so gelungen. Freiheit ist ’ne tolle Sache. Gleichheit eine gute Idee. Aber wenn beides nicht im Geiste der Br\u00fcderlichkeit (sagen wir heute vielleicht besser \u00bbMitmenschlichkeit\u00ab) steht, dann kann auch Freiheits- und Gleichheitswahn groteske Z\u00fcge annehmen. <\/p><\/blockquote>\n