![\"Sascha](\"https:\/\/www.freimaurer.online\/wp-content\/uploads\/Sascha_Lobo_-_republica_2010_-_1-1024x683.jpg\")
Ende 2011 macht der Autor und Spiegel-Kolumnist Sascha Lobo eine Erfahrung, die er sp\u00e4ter in seinem Blog als \u00bbwesentlich spannender als der Weltuntergang\u00ab bezeichnet<\/a>:<\/p>\n Innerhalb von nur einer Stunde\u2026 Lobos erste Schlussfolgerung (sinngem\u00e4\u00df): \u00bbWow, 100 Frauen (oder M\u00e4nner), die vielleicht mehr von mir wollten, als nur befreundet zu sein.\u00ab Aber schon nach kurzer Zeit ahnt er, dass die Erkl\u00e4rung eine andere ist. \u00bbLeider\u00ab, wie er bemerkt.<\/p>\n Aber dazu sp\u00e4ter mehr.<\/p>\n Zun\u00e4chst etwas Privates aus meinem Leben. Betrifft eine meiner<\/em>\u00a0Fehleinsch\u00e4tzungen. Ein sehr intimes Gest\u00e4ndnis:<\/p>\n Ich muss um die 20 gewesen sein und auch das Internet war gerade halbwegs erwachsen geworden. Ich war Radio-Moderator und in der Sendungsvorbereitung, als pl\u00f6tzlich ein (\u00c4ltere werden sich noch erinnern k\u00f6nnen) Fax eintrudelte: Die Pressemitteilung einer angeblich revolution\u00e4ren neuen Suchmaschine.<\/p>\n Ich hab\u2019 das Fax kurz \u00fcberflogen. Und mir war sofort klar, dass ich\u2019s eigentlich getrost wegschmei\u00dfen kann. Es gab ja schon eine etablierte Suchmaschine mit dem bl\u00f6den Namen \u00bbYahoo\u00ab und da w\u00fcrde sich eine mit einem noch beknackteren\u00a0Namen wohl kaum durchsetzen.<\/p>\n Inzwischen wird diese Suchmaschine mit dem \u00bbnoch beknackteren\u00a0Namen\u00ab von rund 90% aller Suchenden im Netz genutzt \u2013 und zwar, weil dieses Google<\/em> so revolution\u00e4r war, dass es eigentlich schon keine Such-, sondern eine Findmaschine war.<\/p>\n Das Revolution\u00e4re: Google listete nicht nur Webseiten, sondern bewertete auch den Inhalt nach Relevanz. Zun\u00e4chst vor allem nach Anzahl der auf die jeweilige Seite verweisenden Links. Also grob vereinfacht nach dem Prinzip: Je \u00f6fter eine Website von anderen Seiten verlinkt wird, desto wichtiger muss sie wohl sein. Aber der Suchalgorithmus wurde weiter und weiter entwickelt und ist heute eigentlich nur noch ein Schatten seiner urspr\u00fcnglichen Fassung.<\/p>\n Am Anfang wurde jedem bei Google immer dasselbe angezeigt. Egal, wer man war und wo man suchte: Man bekam zum selben Suchbegriff (zur selben Zeit) auch \u00fcberall dieselben Suchergebnisse angezeigt.<\/p>\n Doch das ist lange vorbei, weil es l\u00e4ngst weitere Revolutionen bei Google gegeben hat.<\/p>\n Einer der sch\u00e4rfsten Kritiker dieser \u00bbRevolutionen\u00ab ist der Autor und Netzaktivist Eli Pariser, der u. a. gerne folgendes Beispiel anf\u00fchrt:<\/p>\n W\u00e4hrend ein Nutzer bei Google nach \u00bbBP\u00ab suchte und Nachrichten zu Investitionsm\u00f6glichkeiten bei British Petroleum<\/em> angezeigt bekam, bekam ein anderer Informationen \u00fcber die von der \u00d6lbohr-Plattform \u00bbDeepwater Horizon\u00ab verursachte \u00d6lpest als Suchergebnis. Ein und derselbe Suchbegriff, zwei v\u00f6llig unterschiedliche Ergebnisse!<\/p>\n Schuld daran ist das, was Eli Pariser in seinem gleichnamigen Buch als sogenannte \u00bbFilterblase\u00ab bezeichnet \u2013 Google personalisiert inzwischen die Suchergebnisse!<\/p>\n Das macht zun\u00e4chst mal durchaus Sinn: Wenn ich zum Beispiel in Hamburg nach dem Wort \u00bbFreimaurerloge\u00ab oder \u00bbZahnarzt\u00ab suche, will ich vermutlich keine Seiten von Freimaurerlogen oder \u00c4rzten aus Berlin angezeigt bekommen. Eine personalisierte (im Sinne von lokalisierter) Suche ist also vern\u00fcnftig. Aber wie das Beispiel von Eli Pariser bzw. BP zeigt, geht Google mit seiner Personalisierung offenbar noch viel weiter, als Suchergebnisse nur zu lokalisieren. Und eben leider nicht nur Google.<\/p>\n Und damit jetzt auch zur\u00fcck zu Sascha Lobo, Facebook und zu einem T-Shirt-Motiv, an dem ich gerade bastel:<\/p>\n \u00bbIn alten Zeiten waren die Maurer in jedem Land zwar verpflichtet, der Religion anzugeh\u00f6ren, die in ihrem Lande oder Volke galt, heute jedoch h\u00e4lt man es f\u00fcr ratsamer, sie nur zu der Religion zu verpflichten, in der alle Menschen \u00fcbereinstimmen, und jedem seine besonderen \u00dcberzeugungen zu belassen. Sie sollen also gute und redliche M\u00e4nner sein, von Ehre und Anstand, ohne R\u00fccksicht auf ihr Bekenntnis oder darauf, welche \u00dcberzeugungen sie sonst vertreten m\u00f6gen. So wird die Freimaurerei zu einer St\u00e4tte der Einigung und zu einem Mittel, wahre Freundschaft unter Menschen zu stiften, die einander sonst st\u00e4ndig entfernt geblieben w\u00e4ren.\u00ab<\/em><\/p>\n Noch heute ist es das Ziel der Freimaurerei\u00a0(wie\u00a0eine Art \u00bbsocial network\u00ab) unterschiedliche Menschen miteinander in Austausch zu bringen, um gegenseitiges Verst\u00e4ndnis zu f\u00f6rdern, Vorurteile ab- und Br\u00fccken zu bauen. Eine Idee, die urspr\u00fcnglich auch mal Facebook zugrunde lag.<\/p>\n Ich zeige Euch jetzt aber auch noch ein anderes T-Shirt-Motiv, \u00fcber das ich nachdenke:<\/p>\n Urspr\u00fcnglich funktionierte auch Facebook mal ganz simpel:<\/p>\n Man schickt Nutzern Freundschaftsanfragen, und wenn diese die Anfrage akzeptieren, kann man k\u00fcnftig sehen, was die Freunde bei Facebook als Nachrichten posten \u2013 z. B. Fotos aus dem Urlaub oder Texte zum Wetter. Wenn ich etwas davon mag, kann ich auf \u00bbgef\u00e4llt mir\u00ab klicken. Wenn mir etwas nicht gef\u00e4llt, muss ich halt dr\u00fcber hinweg sehen. Und wenn mir von jemandem oft was nicht gef\u00e4llt, kann ich per Klick k\u00fcnftig alle seine Nachrichten ausblenden lassen oder ihn \u00bbentfreunden\u00ab. Was aber alles einen bewussten Eingriff erfordert. Erforderte<\/strong><\/em>!<\/p>\n 2011 hat n\u00e4mlich auch Facebook etwas Entscheidendes ge\u00e4ndert. Und dem war Sascha Lobo mit seiner Verlobungs-Bekanntgabe auf die Spur gekommen:<\/p>\n Ein Algorithmus entscheidet inzwischen mit, welche Nachrichten meiner Freunde ich sehe und welche ich nicht angezeigt bekomme \u2013 und zwar ohne, dass ich noch einen direkten Einfluss darauf habe. Die Auswahl erfolgt nach verschiedenen Kriterien: Bestimmte Lebensereignisse werden von Facebook z. B. als wichtiger eingestuft und mehr Freunden, h\u00e4ufiger und l\u00e4nger angezeigt, als zum Beispiel ein Posting, in dem sich jemand \u00fcber das Wetter beschwert. Und das war wohl auch der wahre Grund, warum Sascha Lobo 100 \u00bbFreunde\u00ab verloren hat. Ich zitiere den Blogger:<\/p>\n Schuld war die Filter-Bubble. Denn eine Verlobung wird von den Algorithmen von Facebook als so relevant eingesch\u00e4tzt, dass sie bei wesentlich mehr Friends angezeigt wird als der Alltagsquatsch, den ich sonst so ins Netzwerk puste. Das bedeutet: tausende meiner Kontakte, die mich irgendwann dazugef\u00fcgt, aber dann das Interesse verloren und wegen der Filter-Bubble nie wieder etwas von mir gesehen haben, bekamen auf einmal \u00fcberraschend meine Verlobung in den Newsfeed gebeamt. Wo die Nachricht auch noch stundenlang stehen blieb und immer wieder hochschnellte, weil meine engeren Facebook-Kontakte nat\u00fcrlich zu Hunderten liketen und kommentierten. Ungef\u00e4hr einhundert Facebook-Friends wurden also daran erinnert, dass sie mich irgendwann befriendet hatten, bemerkten, dass ihnen das offenbar nur m\u00e4\u00dfig viel gebracht hat in den letzten Jahren und klickten nach der Kommentarflut meiner echten Friends schnell auf \u201cremove from friends\u201d. Eigentlich schade, die erste Erkl\u00e4rung fand ich irgendwie sch\u00f6ner. Vielen Dank, du bl\u00f6de Filter-Bubble.<\/p><\/blockquote>\n Tests best\u00e4tigen aber noch mehr als das, was Lobo beschreibt: Wir bekommen bei Facebook inzwischen n\u00e4mlich offenbar mehr und mehr das angezeigt, was unsere Meinungen best\u00e4tigt. \u00bbIntellektueller Inzest\u00ab sozusagen. Weil um uns herum langsam eine Art Kokon entsteht, der immer weniger neue Impulse von au\u00dfen durchl\u00e4sst. Nicht unerheblich bei einem \u00bbSozialen Netzwerk\u00ab, dass inzwischen von rund zwei Milliarden Menschen weltweit genutzt wird.<\/p>\n Kritiker sagen, dass dieser Filterblasen-Effekt inzwischen mehr\u00a0zur Radikalisierung von Menschen beitr\u00e4gt, anstatt Menschen durch die Nutzung des Internets toleranter zu machen. Und jetzt ahnt Ihr vielleicht auch, was mit dem zweiten T-Shirt-Spruch gemeint ist:<\/p>\n Im sozialen Netzwerk der Freimaurerei gibt es keinen solchen Algorithmus.<\/p>\n Aber gibt es dadurch auch keine Filterblase?<\/p>\n Wie ist es z. B. mit der traditionellen Regel, unter Freimaurern nicht \u00fcber Religion und Politik zu streiten?<\/p>\n Und wie ist zu bewerten, dass wir Logen-Mitglieder entscheiden, wessen \u00bbFreundschaftsanfrage\u00ab wir an- bzw. wen wir in unser Netzwerk namens Loge\/Freimaurerei aufnehmen? Ist das auch schon eine Art Filterblase? Ich meine: Ja, es ist zwar eine \u2013 aber eine kleine! Eine kleinere<\/strong><\/em>, als die bei Facebook oder Google.<\/p>\n Denn einmal drin in der Loge, kann ich einen Bruder, dessen Meinung mir nicht (mehr) passt, nicht einfach ignorieren oder ihn entfreunden. Und es gibt auch keinen, der seine Wortbeitr\u00e4ge f\u00fcr mich herausfiltert. Ich kann h\u00f6chstens der Loge fern bleiben oder dem Bruder aus dem Weg gehen.<\/p>\n Aber das ist ja nunmal nicht der Sinn der Sache. Im Gegenteil: Der Sinn ist ja gerade, Toleranz zu \u00fcben. Und das ist bei Meinungen, die meiner weitestgehend entsprechen, keine gro\u00dfe Kunst. Keine \u00bbk\u00f6nigliche Kunst\u00ab, wie wir die Freimaurerei traditionell gerne nennen. K\u00f6nigliche Kunst ist es, sich mit Meinungen auseinanderzusetzen, die nicht der eigenen entsprechen.<\/p>\n Und deswegen ist Freimaurerei vielleicht auch wirklich das \u00bbbessere Facebook\u00ab [seit 1717]!<\/p>\n Aber das ist noch gar nicht die eigentliche Pointe. Die kommt noch \u2013 und betrifft einen weiteren Kern der Freimaurerei,\u00a0den Grundstein des freimaurerischen Wegs der \u00bbArbeit an sich selbst\u00ab:<\/p>\n Die Selbsterkenntnis!<\/p>\n Facebook hat zwar nach langem Rumdrucksen irgendwann best\u00e4tigt, dass es den Filterbubble-Effekt tats\u00e4chlich gibt, dass der Newsfeed-Algorithmus also Inhalte leicht bevorzugt, die den Vorlieben des Nutzers entsprechen, aaaaaber: Wichtiger f\u00fcr das, was einem angezeigt wird, ist angeblich, mit wem man befreundet ist, welche Inhalte man anklickt und welche Nachrichten man liest.<\/p>\n Hei\u00dft also (und jetzt ahnt Ihr vielleicht, was kommt):<\/p>\n Wenn wir uns in letzter Zeit mehr und mehr \u00fcber das \u00e4rgern, was wir in diesen wirren Zeiten bei Facebook von \u00bbFreunden\u00ab zu sehen bekommen, sollten wir vielleicht mal in uns gehen:<\/p>\n Wei\u00df der Facebook-Algorithmus wom\u00f6glich l\u00e4ngst mehr \u00fcber mich und meine Vorurteile und \u00c4ngste, als ich mir selbst eingestehen will?<\/p>\n Selbsterkenntnis ist bekanntlich der erste Schritt zur Besserung.<\/p>\n Und weil ich Geschichten liebe, m\u00f6chte ich auch mit einer ermutigenden schlie\u00dfen:<\/p>\n Ein alter Indianer erz\u00e4hlt seinem Enkel vom ewigen Widerstreit im Inneren des Menschen: \u00bbIn jedem von uns tobt ein Kampf zwischen zwei W\u00f6lfen. Der eine ist b\u00f6se \u2013 und er hat viele Namen: Hochmut, Zorn, Neid, Eifersucht, Bedauern, Gier, Selbstmitleid, Groll, L\u00fcge oder \u00dcberheblichkeit. Der andere ist gut. Man nennt ihn Freude, auch Friede, Liebe, Hoffnung, Gelassenheit, Demut, G\u00fcte, Wohlwollen, Gro\u00dfz\u00fcgigkeit oder Aufrichtigkeit.\u00ab Der Enkel will es genauer wissen: \u00bbUnd? Welcher Wolf gewinnt?\u00ab Der alte Indianer \u00fcberlegt einen Moment, ehe er antwortet: \u00bbDer, den Du f\u00fctterst.\u00ab<\/em><\/p>\n \u2013 in jedem von uns steckt ein kleiner Pessimist, Sexist, Rassist…\u00a0Das ist (leider) menschlich. Arbeiten wir dran. ____<\/p>\n Und? Was meint Ihr? Ist Freimaurerei das bessere Facebook? Oder gibt es auch bei uns zu viele \u00bbFilterbubbles\u00ab? Ich freue mich auf Eure Kommentare. Hier \u2013 oder auf meiner Facebook-Seite<\/a>. ;)<\/p>\n
\nverliert er 100 Freunde bei Facebook!
\nEr hatte seinen \u00bbBeziehungsstatus\u00ab auf \u00bbverlobt\u00ab ge\u00e4ndert.<\/p>\nMeine gr\u00f6\u00dfte Fehleinsch\u00e4tzung<\/h3>\n
Freemasonry \u2013 the social network [since 1717]<\/h3>\n
![\"T-Shirt:](\"https:\/\/www.freimaurer.online\/wp-content\/uploads\/Freemasonry-\u2013-social-network-234x300.jpg\")
Tats\u00e4chlich kann man bei etwas genauerem Hinsehen zwischen Facebook und der Idee der Freimaurerei einige Parallelen erkennen. Ich zitiere mal aus den \u00bbAlten Pflichten von 1723\u00ab, die ja bis heute eine Art philosophisches Fundament der Freimaurerei sind:<\/p>\nFreemasonry \u2013 the better Facebook [since 1717]<\/h3>\n
![\"T-Shirt:](\"https:\/\/www.freimaurer.online\/wp-content\/uploads\/Freemasonry-\u2013-the-better-Facebook-232x300.png\")
Was ist damit gemeint?<\/p>\nDie Pointe<\/h3>\n
\nAber wir haben es in der Hand, welche \u00bbinneren W\u00f6lfe\u00ab wir f\u00fcttern \u2013
\noder klein halten.<\/p>\n
\nJeder auf seine Weise.<\/p>\n[nach einer Rede zu einer TA I am 12.04.16]\n