![\"Steine](\"https:\/\/www.freimaurer.online\/wp-content\/uploads\/2013\/11\/IMG_0615-1024x768.jpg\")
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H\u00e4tte mir irgendwer vor einem Jahr prophezeit, dass ich irgendwann Spa\u00df dran finde, anderthalb Stunden auf dem Boden sitzend schweigend eine Wand anzustarren \u2013 ich h\u00e4tte denjenigen f\u00fcr komplett bescheuert erkl\u00e4rt.<\/p>\n
Inzwischen mache ich das jede Woche.<\/p>\n
Stein des Ansto\u00dfes war f\u00fcr mich im Grunde ein Vortrag von Thomas (Tom) Heine, Mitglied der Loge \u00bbReuchlin\u00ab<\/a>, Sch\u00fcler von Zen-Meister Hinnerk Polenski<\/a> und inzwischen sogar Leiter des \u00bbDaishin Zen Zendos\u00ab<\/a> in Stuttgart. Tom empfand den Zen-Weg als Fortsetzung seines freimaurerischen Weges, wof\u00fcr er in seinem Vortrag u. a. ein Zitat des ber\u00fchmten Zen-Meisters Dogen<\/a> (1200-1253) bem\u00fcht:<\/p>\n \u00bbZen studieren, ist sich selbst studieren, sich selbst studieren bedeutet, sich selbst vergessen, sich selbst vergessen bedeutet, in Harmonie zu sein, mit allem, was uns umgibt.\u00ab<\/p><\/blockquote>\n Auch in der Freimaurerei geht es um Selbsterkenntnis und Selbst\u00fcberwindung, um mit sich und der Welt in Einklang zu kommen. Zentrales Sinnbild ist in der Freimaurerei der raue Stein, das unvollkommene Selbst, an dem es zu Arbeiten gilt, damit es sich irgendwann \u2013 wie ein bearbeiteter kubischer Stein \u2013 harmonisch in den Bau eines besseren Miteinanders einf\u00fcgt.<\/p>\n Als einen wesentlichen Unterschied zwischen Freimaurerei und Zen benennt Tom die freimaurerische Schwerpunktlegung auf die Vernunft \u2013 die im Zen seiner Meinung nach abgelehnt wird.<\/p>\n Ich komme bislang allerdings zu einem anderen Ergebnis \u2013 und zwar in zweierlei Hinsicht:<\/p>\n 1.) Freimaurerei setzt gar nicht einseitig<\/em> auf Vernunft, sondern auf ein Gleichgewicht<\/em> von \u203aHerz und Hirn\u2039. Bei rituellen Zusammenk\u00fcnften spielen diese beiden Kr\u00e4fte sogar wortw\u00f6rtlich eine wichtige Rolle in Form der sog. \u203aAufseher\u2039 namens \u00bbVernunft\u00ab und \u00bbGewissen\u00ab, die einen durchs Leben leiten sollen.<\/p>\n 2.) Zwar geht es im Zen scheinbar wirklich darum, den Kopf letztlich mal abschalten zu k\u00f6nnen \u2013 dies aber meiner Meinung nach eigentlich als eine Forderung der Vernunft bzw. aus logisch-nachvollziehbaren Gr\u00fcnden. Wie soll man denn auch sonst \u00bbsich selbst studieren\u00ab, so, wie es Dogen vor rund 800 Jahren gefordert hat, wenn nicht unter Beteiligung des Kopfes?<\/p>\n Auch die mit meiner freimaurerischen Lebenseinstellung in vielen Teilen vergleichbare \u00bbZen-Haltung\u00ab erfordert Arbeit an sich selbst, am rauen Stein, dem eigenen unvollkommenen Sein. Und die Tipps f\u00fcr diese \u00bbArbeit an sich selbst\u00ab, wie sie bspw. Leo Babauta regelm\u00e4\u00dfig in seinem bekannten Blog \u00bbZen-Habits\u00ab<\/a> gibt, klingen ebenfalls stets gut durchdacht und ziemlich vern\u00fcnftig.<\/p>\n Ich w\u00fcrde also zusammenfassend eher sagen: Zen bringt einen letztlich \u00fcber den Verstand dazu, selbigen ad absurdum zu f\u00fchren, um zu einer anderen, einer tieferen, unverstellteren Sicht auf die Dinge zu kommen. Einer \u203aherzlicheren Sicht\u2039 \u2013 auf die eigentlich auch der freimaurerische Weg der sog. \u00bbHerzensbildung\u00ab abzielt und die auch Antoine de Saint Exupery \u2013 mindestens ein Bruder im Geiste \u2013 in seinem Buch \u00bbDer kleine Prinz\u00ab fordert:<\/p>\n \u00bbDas wirklich Wesentliche ist f\u00fcr die Augen unsichtbar. Nur mit dem Herzen sieht man gut.\u00ab<\/p><\/blockquote>\n Hei\u00dft f\u00fcr mich also: Die Gemeinsamkeiten von Freimaurerei und Zen scheinen mir momentan noch gr\u00f6\u00dfer, als Tom sie sieht. Und wenn man von der urspr\u00fcnglichen Bedeutung des Wortes \u00bbZen\u00ab ausgeht, sind im Grunde sogar die rituellen Zusammenk\u00fcnfte der Freimaurerei letztlich eine Art \u203aZen\u2039 \u2013 was \u00fcbersetzt schlicht \u00bbVersenkung\u00ab hei\u00dft.<\/p>\n Mir bedeuten am freimaurerischen Ritual jedenfalls die Minuten des Schweigens w\u00e4hrend der Musik und die kurze Zeit der Stille danach mit am meisten. Davon kann ich einfach nicht genug bekommen. Und deshalb habe ich mich inzwischen auch einer lockeren Zen-Gruppe an<\/em>geschlossen und mich ent<\/em>schlossen, hier in meinem Freimaurer-Blog k\u00fcnftig auch ein paar Zen-Erfahrungen zu teilen. Freimaurer-Zen-Erfahrungen sozusagen. Denn im Zen ist ja sowieso schon \u00bballes Eins\u00ab, w\u00e4hrend die Freimaurerei noch von \u00bbEinheit in Vielfalt\u00ab spricht. ;)<\/p>\n Wer mehr zum Thema lesen will, dem lege ich zum Einstieg Toms Vortrag<\/a> ans Herz.<\/p>\n