Skandal, Skandal? Wir veröffentlichen ein „Ritual“!

Foto © Collandi, Salier Verlag
Foto © Collandi, Salier Verlag

Rituale sind eigentlich nichts ungewöhnliches. Jeder Mensch, jede Gemeinschaft hat Rituale. Das Besondere am freimaurerischen Ritual ist, dass jahrhundertelang ein großes Geheimnis daraus gemacht wurde. 

Zwar ist es noch heute Tradition, beim Eintritt in den Freimaurer-Bund zu geloben, keine Details auszuplaudern. Aber so richtig geheim sind die freimaurerischen Rituale trotzdem schon lange nicht mehr. Man findet sie in gut sortierten Bibliotheken und – leider neben unübersichtlich viel fantastischem Quatsch – längst auch im Internet. Auch hier im Blog gibt es schon lange zumindest eine ungefähre Ablauf-Beschreibung des freimaurerischen Rituals.

Jetzt gehen wir einen Schritt weiter: Wir veröffentlichen so etwas wie ein freimaurerisches Ritual. Wobei es – Hand aufs Herz – „Ritual“ eigentlich nicht ganz trifft. Es ist eher ein kleines Zeremoniell. Ein Zeremoniell rund um das sog. Kerzengespräch. 

Kerzengespräche sind eine eher jüngere Tradition innerhalb der Freimaurerei. Eigentlich handelt es sich genau genommen um eine ritualisierte Gesprächsform, die von manchen Logen sogar zusammen mit Nicht- bzw. Noch-nicht-Freimaurern  durchgeführt wird. 

Kerzengespräche vermitteln nämlich ganz nebenbei einen kleinen Eindruck von der besonderen Atmosphäre freimaurerischer Rituale. Interessenten können dadurch für sich vorab wenigstens ein bisschen testen, ob sie mit all dem überhaupt etwas anfangen können. Und zwar ohne, dass dadurch irgendein Freimaurer sein traditionelles Gelöbnis verletzen würde. 

Das Büchlein „Freimaurische Kerzengespräche“ ist als Projekt vor vielen Jahren aus diesem Blog hervorgegangen, nun im Salier Verlag erschienen und enthält neben dem genauen Ablauf, Texten und Tipps auch eine spannende Spurensuche zu den Ursprüngen dieser freimaurerischen Tradition. Und so viel sei vorab verraten: 

Die Spur führt tatsächlich bis zu „König Salomo“ – nach Berlin. Klingt interessant?! 

Bestellung hier 

Mit den Einnahmen aus dem Büchlein wird u. A. der Fortbestand dieses Blogs gesichert. Es ist zugleich Abschlussarbeit einer Art Freimaurer-Trilogie des Autors von „Freimaurer in 60 Minuten“ und „Nicht von gestern: Freimaurer heute“, der auch Initiator dieses Blogs war.

Pinocchio – ein Freimaurer-Buch?

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CC BY-SA 4.0, Link

Pinocchio ist eine der bekanntesten Kindergeschichten und ein populäres Symbol für Unabhängigkeit, Emanzipation und die Befreiung vom Marionettendasein. Weniger bekannt sind die vielen Parallelen zur Freimaurerei:

Ähnlich wie im „Dschungelbuch“ des Freimaurers Rudyard Kipling geht es auch in Carlo Collodis Pinocchio um „Menschwerdung“ durch Arbeit an sich selbst, aber auch um das Thema Freiheit (hier: Befreiung von den Fesseln des Marionettendaseins).

Sogar wesentliche Leitmotive der drei Freimaurer-Grade lassen sich finden:

Wie im ersten Grad der Freimaurerei stehen für Pinocchio am Anfang des Weges Selbsterkenntnis und Selbstfindung.

Wie ein Freimaurer symbolisch im zweiten Grad, muss auch Pinocchio reisen und Versuchungen widerstehen. Auch ihm steht dabei u. a. ein „Meister“ helfend zur Seite: Meister Gepetto. Er hat Pinnochio aus einem groben Holzklotz geschnitzt, welcher sich interessanterweise dagegen »gesträubt« hat, gegen seine Natur bearbeitet zu werden. Auch bei der praktischen Steinmetzarbeit kann man immer nur mit und nie gegen den „Stein“ arbeiten bzw. nichts aus ihm „herausholen“, was nicht in ihm steckt. Freimaurer erinnert das Bild von Gepettos Arbeit am Holzklotz an die Arbeit am rauen Stein, dem Symbol für die eigene unvollkommene Persönlichkeit des Menschen mit Macken, Ecken und Kanten, an denen jeder Freimaurer für sich arbeiten soll.

Und wie ein Freimaurer im dritten Grad, wird auch Pinocchio immer wieder mit der eigenen Endlichkeit konfrontiert.

Der Schlüssel zur Meisterschaft liegt letztlich – auch hier wieder Ähnlichkeiten zur Freimaurerei – in der Meisterschaft über sich Selbst, über das Ego mit seinen Macken, Ecken, Kanten, durch die sich Pinocchio die Fesseln seines Marionettendaseins letztlich selbst angelegt hat (und nicht etwa seine Umwelt oder fremde Mächte). Es geht also – ähnlich wie in der Freimaurerei – um innere Freiheit von vermeintlich äußeren Zwängen.

Sind diese Parallelen von Pinocchio zur Freimaurerei nur Zufälle?

Werner J. Kraftsik hat für sein neues Buch und den folgenden Gastbeitrag genauer hingeschaut: „Pinocchio – ein Freimaurer-Buch?“ weiterlesen