300 Jahre Freimaurerei – das Interessanteste, was ich zum Thema gelesen habe

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Was?!  Schon wieder Weihnachtszeit?! Höchste Zeit also zum Innehalten, Besinnen und Zurückblicken:

Das Jahr, in dem weltweit das (vermeintlich) 300-jährige Jubiläum der Freimaurerei groß gefeiert wurde, geht zu Ende. Viel wurde zum Thema gesendet, geschrieben, kommentiert und gefragt. Ich habe den Eindruck, dass durch die umfangreiche Berichterstattung die Zahl der Interessenten gestiegen ist.

Was mich am meisten begeistert hat, war ein Interview auf kurier.at mit dem österreichischen Großmeister Georg Semler. Genau genommen gar nicht so sehr das Interview, sondern eher die herrlich spitze Eröffnungsfrage samt ungewöhnlicher Antwort:

»Herr Dr. Semler, wozu braucht man im 21. Jahrhundert eine 300 Jahre alte Bruderschaft?«

Klingt im ersten Moment für Freimaurer-Ohren vielleicht etwas provokativ. Aber wenn man genau drüber nachdenkt, ist die Frage durchaus berechtigt: Selbsterkenntnis ist das zentrale Motiv des ersten Grades, Grundstein des freimaurerischen Wegs. Dazu zählt dann eben auch, dass man nicht nur sich selbst hinterfragt, sondern auch – man verzeihe mir hier bitte die saloppe Ausdrucksweise – den »Verein«, dem man angehört.

Um’s gleich vorweg zu nehmen: Auch der österreichische Großmeister hatte keine direkte, sondern nur eine indirekte Antwort parat:

»Man könnte die Frage umdrehen: Was macht die Bruderschaft aus, dass sie 300 Jahre Bestand haben konnte?«

Und weiter:

»Was hat sich seit damals an politischen, gesellschaftlichen, globalen Veränderungen nicht alles getan! All diese Kriege, zerfallende Monarchien, Erste und Zweite Republik – das hätten die Freimaurer nicht überleben können, wenn wir parteipolitisch engagiert gewesen wären. Es geht nicht darum, in der Gesellschaft als Partei, NGO oder sonst irgendwas zu wirken. Wenn wir je diesen Fehler gemacht hätte, wären wir nicht so alt geworden. Die Freimaurerei richtet sich an den Einzelnen, der durch die Hilfe seiner Brüder, durch Diskussionen, durch das Ritual, das ihn emotional erfasst, dazu gebracht wird, über sich selbst nachzudenken. Mit dem Ziel, sein Denken ein Stück weit zu veredeln. Das wirkt sehr gut und indirekt auch auf die Gesellschaft. Freimaurer sind dogmenfrei, stellen alles zur Diskussion. Ich kann mich mit jenen austauschen, die wissen, dass sie nicht die ganze Wahrheit haben, so wie ich weiß, dass ich nicht die ganze Wahrheit habe. Ein heute unpopulärer Ansatz! (…) einfache Antworten auf komplexe Fragen gibt es nicht. Dinge infrage stellen oder gegen den Strich bürsten – es wird genau das sein, was wir in Zukunft brauchen.«

Das war wirklich das Interessanteste, was ich in diesem Jahr zum 300-jährigen Jubiläum der Freimaurerei gelesen habe. Frage und Gegenfrage beschäftigen mich bis heute:

Wozu braucht man im 21. Jahrhundert noch eine 300 Jahre alte Bruderschaft? Und was macht diese Bruderschaft aus, dass sie nach 300 Jahren – trotz all der Veränderungen in der Welt – immer noch Bestand hat?

Die Antwort des österreichischen Großmeisters kenne ich jetzt.

Was wäre Eure gewesen?

Und was war das Interessanteste, was Ihr in diesem Jahr zum großen Jubiläum gelesen, gehört oder gesehen habt?

Ich bin gespannt auf Eure Antworten (hier im Kommentarbereich oder auf meiner Facebook-Seite) – und wünsche Euch besinnliche Feiertage und einen guten Rutsch. :)

Bekannte Freimaurer: Warum ich ein chronischer Namedropper bin

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Bitte jetzt ganz stark sein: Ich muss heute ein kleines freimaurerisches Sakrileg begehen und ausnahmsweise Bruder Goethe, unserem »Säulenheiligen« der Freimaurerei widersprechen.

Im Internet erfreuen sich Listen mit Namen bekannter Freimaurer großer Beliebtheit. Sogar auf Großlogen- und Logenseiten. Dass man solchen Listen immer mit einer Portion Skepsis begegnen sollte, habe ich bereits an anderer Stelle geschrieben. Heute geht es mir um die Kritiker solcher Listen, die mit Goethes »Faust« argumentieren:

Namen sind nur Schall und Rauch!

Ich kann gut verstehen, dass auch einige Freimaurer mit sog. Namedropping Bauchschmerzen haben. Namedropping kann schnell indiskret und wichtigtuerisch wirken.

Trotzdem gehöre auch ich zur Fraktion chronischer Namedropper. Ich bin zwar wahrscheinlich noch vergleichsweise zurückhaltend, führe aber auch in meinem Blog eine dieser nicht unumstrittenen Listen. Bewusst.

Weil Namen eben nicht nur Schall und Rauch sind!

Einer der bekanntesten freimaurerischen Insider-Witze lautet: Fragst Du zwei Freimaurer, was Freimaurerei ist, kriegst Du mindestens drei Antworten. Freimaurerei ist vielfältig, manchmal widersprüchlich, komplex zu erklären.

Ich kann mich aber auch kürzer fassen und meine Erklärungen mit ein paar bekannten Freimaurer-Namen »würzen«, denn:

Namen sind Marken!

Ihr kennt sicherlich alle den Satz »ein Bild sagt manchmal mehr als tausend Worte«. Würde vermutlich jeder unterschreiben. Genau deshalb wird im freimaurerischen Ritual mit Symbolen gearbeitet.

Wie mit Bildern und Symbolen verhält es sich mit Namen:

Auch ein Name sagt manchmal mehr als tausend Worte.

Bekannte Namen funktionieren wie Marken, wie Symbole (»Nomen est Omen« – frei übersetzt: Name ist Programm). Namen lösen Emotionen aus, können wie ein Gütesiegel wirken, stehen für eine Summe an Dingen, die ich dann einzeln nicht mehr groß erklären muss. Natürlich vorausgesetzt, dass der Name dem Gegenüber auch etwas sagt.

Deswegen bin also auch ich ein chronischer Namedropper.

Aber natürlich gelten auch beim Namedropping die freimaurerischen Meistertugenden der Verschwiegenheit (keinen lebenden Bruder als Freimaurer »outen«, so er’s nicht schon selbst getan hat bzw. er als solcher bereits bekannt ist) und die Meistertugend der Mäßigkeit (weniger ist oft mehr).

Und vor allem gilt am Ende das, was Rolf Appel, einer der engagiertesten Freimaurer unserer Zeit, mal in einem Interview gesagt hat:

Goethe war Freimaurer,
Herder war Freimaurer,
Lessing war Freimaurer,
Carl von Ossietzky war Freimaurer… –
und DU?
Was HIER und HEUTE geschieht,
DAS ist das Entscheidende!

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Und wie haltet Ihr‘s mit dem Namedropping? Anregungen gerne hier als Kommentar oder auf meiner Facebookseite.