Freimaurerei und Zen: Mein Rudel innerer Schweinehunde und das Ego als Dauerbaustelle

Samanera (Skulptur) – lizenziert unter CC BY 3.0 über "Tevaprapas"

Ich gehe inzwischen fast jeden Montag zur Zen-Meditation (über gefühlte Gemeinsamkeiten mit der Freimaurerei hatte ich ja schon geschrieben).

Einige Gruppenmitglieder hatten kürzlich am vorausgehenden Wochenende an einem sog. »Sesshin« teilgenommen: Mehrtägige Marathon-Meditations-Sitzungen nach ritualisiertem Ablauf und weitestgehend abgeschottet von der Außenwelt. Ich konnte bislang aus zeitlichen Gründen leider noch an keinem Sesshin teilnehmen und habe mich daher am darauffolgenden Montag neugierig erkundigt, wie’s war – ob’s »Spaß gemacht« habe. Oh, oh! ;)

Antwort sinngemäß (und mit einem Augenzwinkern): Spaß? Schon die Frage würde zeigen, dass ich tatsächlich noch an keinem Sesshin teilgenommen hätte. Die Arbeit an sich selbst erfordere viel Disziplin, die Auseinandersetzung mit dem Ego, der Kampf gegen sich selbst sei hart und kräftezehrend.

Eine ernste Sache also.

Ich musste schmunzeln – in der Runde ist m. W. nicht bekannt, dass ich Freimaurer bin und was eigentlich unsere ›Dauerbaustelle‹ ist (FrauMaurer hat’s gerade hervorragend auf den Punkt gebracht – im Beitrag »Freimaurerei ist Arbeit«). Auch nach zehn Jahren dieser ›Arbeit am rauen Stein‹ finde ich, dass dieser K(r)ampf Spaß macht. Spaß, im Sinne von Freude – gibt’s denn schönere Siege, als die über sich selbst und das Rudel innerer Schweinehunde? Spaß am Ernst zu haben, ist für mich jedenfalls kein Widerspruch. Im Gegenteil: Je dunkler der Himmel, desto hilfreicher ist ein sonniges Gemüt.

Ich habe mir in den letzten zehn Jahren u. a. das Rauchen abgewöhnt, trinke keinen Alkohol mehr (vorher chronisch über den Durst), gehe regelmäßig zum Sport, sitze inzwischen nahezu täglich meditierend 20-25 Minuten vor einer Wand und <Trommelwirbel…> habe erstaunlicherweise doch immer noch Spaß am Leben. Bin selbst manchmal überrascht. ;)

Die Begebenheit hat mich jedenfalls an ein »Maurerwort« erinnert, das ich mal geschrieben und hier bislang offenbar noch nicht veröffentlicht hatte – büddeschön: 

Mehr Spaß an der Arbeit – (m)eine »Ode an die Freude«

Liebe Brüder,

ein Bruder hat mich kürzlich gefragt, ob ich etwas zu seinem »Ritual und Freude«-Vortrag beisteuern könnte. Bis auf Schillers »Ode an die Freude« und einen entsprechenden Hinweis am Ende des Rituals der Großen Landesloge (»Friede, Freude und Einigkeit, begleite Sie, meine Brüder!«) sei nicht viel zu finden.

Das gibt mir zu denken: Warum haben uns die Altvorderen ausgerechnet »Freude« ins Textbuch geschrieben? Und wie steht es denn heute eigentlich um die »Freude« (heute übrigens gleichbedeutend mit »Spaß«) in und an der freimaurerischen Arbeit?

Mir fällt dazu folgende Begebenheit ein:

Ich studiere auf der Couch ein seitenreiches Buch. Meine Tochter kommt herein, mustert mich und den dicken Wälzer und fragt: »Papa, was ist das?«
Ich (feierlich): »Tochter, dies sind unsere Freimaurer-Regeln!«
Sie (ernst): »Macht das denn dann überhaupt noch Spaß?«
Ich hatte ausnahmsweise mal keine schlagfertige Antwort parat…
– außer: Einem lauten Lachen! Und das hat meine Tochter dann auch gleich wieder mit der Freimaurerei versöhnt; mich übrigens auch!

Kurzum: Ja, ich kann etwas zum »Ritual und Freude«-Vortrag beisteuern, bitte notieren:

Ich hab‘ immer noch Spaß an der Arbeit.
Den lass‘ ich mir einfach nicht nehmen!

2 Antworten auf „Freimaurerei und Zen: Mein Rudel innerer Schweinehunde und das Ego als Dauerbaustelle“

  1. Lieber Bruder Philip, das sind schöne Gedanken. Ich habe mich auch in den letzten Jahren obiger Laster entledigt und sitze mich durch heftige Yoga-Runden. Und ja, es macht Spaß. Weil ich zur richtigen Zeit das Richtige tue, also „auf dem Weg bin“, wie es so schön heißt. Und mir Gott auf mindestens dem halben Wege entgegenkommt. Denn wir brauchen uns, so glaube ich, nicht einzubilden, dass wir ohne ihn irgendeine Arbeit schaffen können. Wenn ich merke, dass ich verkrampfe oder „verbiestert“ versuche, etwas zu erreichen, ist mal wieder mein Dickkopf im Weg – und erstmal vorrangig wieder das Ziel. Auch das kennst Du sicher.
    Und jetzt wünsche ich Dir und mir und allen ein schönes Wochenende!

  2. Lebensfreude ist es wohl, die man demütig in der Dunkelheit des Tempels entwickelt. Das klingt widersprüchlich, zeigt doch, dass wir zunächst, aber immer wieder in uns schauen sollten, nach den Lichtern suchen, die uns einen Weg leuchten. Aber es gibt neben mir das Atmen, die Blicke, aber vor allem die Gedanken der Brüder, die einen stärken. Der eine geht zum Yoga, ein anderer zur Zen-Meditation. Ich bin nur Meditationsjunkie für freimaurerische Rituale. Das genügt mir. Das gibt Kraft, auch wenn es Stunden der Finsternis gibt. Immer wieder. Ohne unser Zutun.

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