Kaum vorstellbar, aber wahr: Der Einmarsch der Nazis in Österreich ist gerade einmal 75 Jahre her. ›Rudi Rabe‹ erinnert an den Anbruch der sog. Dunklen Zeit der österreichischen Freimaurerei im März 1938:
Frühjahr 1938. Die Nazis haben sich seit der Machtübernahme 1933 längst gefestigt, im März marschieren sie in Hitlers Heimat Österreich ein. Für die Liquidierung der Freimaurerei brauchen sie nur noch wenige Tage: Sofort verhaftet Himmlers SS in Wien führende Freimaurerfunktionäre; die Logenvermögen werden beschlagnahmt und die Logenhäuser geschlossen. Der Großmeister stirbt im Polizeispital. Kaum ein Hahn kräht danach: Die Hälfte der Österreicher ist für Hitler und bejubelt seinen Einzug in Wien.
Die andere Hälfte sieht man nicht: Sie ist verängstigt, viele haben Sorgen um Leib und Leben. Und das Ausland will seine Ruhe haben. An die tausend Freimaurer sind betroffen: Manche können emigrieren, manche überdauerten die Nazizeit, wenige verraten die Bewegung. Am schlimmsten geht es den jüdischen Mitgliedern und manchen aus politischen Gründen: Wenn sie nicht ausreisen können, werden sie später in Konzentrationslagern ermordet.
Frühjahr 2013: Die nach dem Zweiten Weltkrieg noch im Herbst 1945 wiedergegründete österreichische Freimaurerei ist inzwischen viermal so groß wie 1938. Sie gedenkt des bitteren Schicksals ihrer Brüder vor 75 Jahren.
Die Geschichte der österreichischen Freimaurerei ist durchzogen vom Auf und Ab. 1742: Erste Loge in Wien, ein paar Monate später wird diese von Kaiserin Maria Theresia abgedreht. Vierzig Jahre danach unter dem aufgeklärten Joseph II.: Wiedergründung und erste kurze Hochblüte. Nach weiteren zehn Jahren unter seinem reaktionären Neffen Franz II.: Verbot. Dieses gilt über ein Jahrhundert. 1918: Nach dem Ende der Habsburgermonarchie zweite Hochblüte in der jungen Republik. 1938: brutales Ende. 1945: Sofortige Wiedergründung, Normalisierung, vielleicht dritte Blüte in unserer langen Zeit des Friedens und der Freiheit.
Fazit: Von 270 Jahren waren zwei Drittel masonisch dunkel.